Herzliche Willkommen auf „Histories“ – der Projektseite der Abteilung Geschichtsdidaktik des Historischen Seminars der Universität Kiel. Diese Seite ist eine Landingpage zu einigen unserer Projekte:

Projektseite der Abteilung Geschichtsdidaktik der CAU
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Unser Ausgangspunkt bestand darin, zu untersuchen, in welche Tradition „die Deutschen“ ge-stellt werden, was diese auszeichnet (Deutschtum) und wie u. a. im Volk ein Gefühl von Ge-meinschaft hergestellt werden sollte. In den von uns ausgewählten Quellen werden die Deut-schen vor allem in eine Tradition mit den Germanen gestellt. So wurden diverse charakterliche und kulturelle Eigenschaften der Germanen positiv konnotiert. Den Wertvorstellungen der „alten Deutschen“ sollte dabei jedoch nicht bloß eine Vorbildfunktion zugesprochen werden, sondern sie wurden auch als etwas dargestellt, dass den Germanen und – nach Meinung der Verfasser – somit auch den Deutschen von Natur aus innewohne. In diesem Kontext wurde bspw. die Be-zeichnung „Germane“ von den Verfassern mehrfach synonym für „Deutsche“ verwendet. Das „Deutschtum“ sei demzufolge in wesentlichen Teilen von Eigenschaften geprägt worden, die die Verfasser den germanischen Stämmen zuschrieben.
Bzgl. dieser Eigenschaften wurde in besonderer Weise immer wieder der Aspekt der Beziehung zwischen Mann und Frau sowie der der Familie genannt. Die Familie wurde dabei jedoch nicht als eine bloße Kategorie des Privatlebens wahrgenommen. Vielmehr führte man vor allem auf sie das „Gemeinschaftsgefühl“ der Deutschen und deren führende Position unter den Völkern der Welt zurück.
Mit der »Wilhelminischen Ära« (1890-1914) begann für Deutschland eine Zeit des Strebens nach Weltgeltung. So beanspruchte der Staatssekretär des Äußeren Bernhard von Bülow für das Reich einen »Platz an der Sonne«. Eine zentrale Rolle spielte die wilhelminische Flottenpolitik. Ihr Leitspruch lautete: »Weltpolitik als Aufgabe, Weltmacht als Ziel, Flotte als Instrument«. Zeitgleich kam es zur Bildung völkischer Bewegungen im Land, welche Zielsetzungen wie diese für die eigenen Zwecke nutzten.Eine dieser Gruppierungen war der »Alldeutschen Verband«, zu dessen einstigen Mitgliedern auch der Soziologe Max Weber gehörte. Dieser verkündete beispielsweise in Bezug auf die Flotten- und Kolonialpolitik des Deutschen Reiches, dass »nur Herrenvölker den Beruf haben, in die Speichen der Weltentwicklung einzugreifen«.
Zur Pflichtlektüre solcher Bewegungen wurde Tacitus Germania. Die darin beschriebenen Wesenszüge der Germanen wurden dabei als natürlich festgelegte ‚Eigenschaften des Volkscharakters‘ und ‚typisch germanische Tugenden‘ interpretiert. Man nahm an, dass körperliche sowie geistige und sittliche Eigenschaften innerhalb einer Rasse vererbt werden. Sie sahen die Germanen dabei nicht nur als die Krönung der arischen Rasse, sondern auch als direkte Vorfahren. Die Charaktereigenschaften, die Tacitus den Germanen zusprach, wurden damit auch zu denen der Deutschen. Dies wurde nicht zuletzt durch den zusehends synonymen Gebrauch der Bezeichnungen ‚Arier‘, ‚Germane‘ und ‚Deutscher‘ deutlich.
Ein Bild von deutscher Überlegenheit vermittelten auch zeitgenössische Lehrbücher des Faches Geschichte. In den hier ausgewählten Quellen erfolgt dies vor allem dadurch, dass die Deutschen in eine Tradition mit den Germanen gestellt werden. Immer wieder werden dabei besonders positive Volkseigenschaften hervorgehoben, die den Germanen und somit auch den dazu synonym verwendeten Deutschen von Natur aus innewohnen. Ein besonderer Wert wird dabei auf das zukunftsträchtige Gemeinschaftsgefühl gelegt, deren Keimzelle die deutsche Familie darstellt.
Durch eine kritische Auseinandersetzung mit der völkischen Bewegung in der »Wilhelminischen Ära« werden die Gefahren deutlich, die solchen Weltanschauungen innewohnen. So finden sich beispielsweise auch in der nationalsozialistischen Ideologie völkische Elemente. Angesichts des wachsenden Populismus in Europa und des erneuten Aufkommens völkischer Strömungen in Deutschland erweist sich eine Auseinandersetzung mit dieser Thematik als sinnvoll. Die hier ausgewählten Quellen regen dazu an, sich mit dem Konstruktionscharakter nationaler Identitäten auseinanderzusetzen und über die Grundwerte menschlichen Zusammenlebens zu reflektieren.
Literatur:
Kinder, Hermann; Hilgemann, Werner; Hergt, Manfred: dtv-Atlas Weltgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 2010.
Puschner, Uwe: Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich. Sprache – Rasse – Religion, Darmstadt 2001.
See, Klaus von: Deutsche Germanen-Ideologie. Vom Humanismus bis zur Gegenwart, Frankfurt a. M. 1970.